Rekord Sanitätsübung im Landkreis Freising abgehalten
Am 14. Oktober 2023 wurde die bisher größte Sanitätsübung des Roten Kreuzes und der Johanniter Unfallhilfe im Landkreis Freising durchgeführt. Insgesamt über 250 Beteiligte waren bei der Übung involviert. Ein simulierter Verkehrsunfall in Untergartelshausen bei Freising mit 55 verletzten Personen forderte die 110 Einsatzkräfte des Rettungsdienstes, Katastrophenschutzes, Feuerwehr, THW und Polizei über fünf Stunden. Die Übung ist eine essenzielle Säule, um die Einsatzbereitschaft der vielen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Kräfte im Landkreis jederzeit zu gewährleisten.
Um 11:20 Uhr wurde durch die Übungsleitstelle ein Verkehrsunfall am ehemaligen Militärgelände bei Untergartelshausen gemeldet. Unverzüglich machten sich vier Rettungstransportwagen (RTW), zwei Notärzte und der ehrenamtliche Einsatzleiter Rettungsdienst auf den Weg zur Unfallstelle. Dort bereitete sich den Rettungskräften ein Bild des Chaos: Ein Bus, eine Fahrradgruppe und zwei PKW waren am Unfall beteiligt. Die vorläufige Einsatzleiterin Lena Radeon vom Ersten RTW löste über die Leitstelle Erding Großalarm aus. Die Übung wurde so realitätsnah wie möglich gestaltet,
so wussten zum Beispiel keine der Helferinnen über das Szenario Bescheid und auch nicht, wann der Alarm kommen würde. Die Rettungswägen wurden von Auszubildenden Notfallsanitäterinnen und –sanitätern des Roten Kreuzes im Kreisverband besetzt und von der Rettungswache Freising aus alarmiert. Die vielen ehrenamtlichen Einsatzkräfte waren derweil daheim und wurden von dort zu ihren Wachen in Marzling, Eching, Moosburg, Au und Allershausen beordert. Übungskoordinator und Notfallsanitäter Florian Kugler bewertet die Übung als vollen Erfolg: „Zum Glück gehören solche Großszenarien zur absoluten Seltenheit, aber umso wichtiger ist es, sich dafür gut vorzubereiten“, er fügt an, „ganz besonders bin ich auf unsere Auszubildenden stolz, welche die erste Chaos Phase schnell bewältigt haben und Ordnung in die Einsatzstelle brachten“.
Bei einer unklaren Schadenslage wie in der Übung, hat der ersteintreffende RTW die Aufgabe, die vorläufige Einsatzleitung zu übernehmen. Die Auszubildende zur Notfallsanitäterin, Lena Radon, hatte diese Aufgabe inne. Sie musste den weiteren RTWs ihre Aufträge geben, insbesondere die Vorsichtung der Patienten einleiten, einen Bereitstellungsraum für weitere Fahrzeuge festlegen und eine Rückmeldung an die Leitstelle in Erding geben. Ihre erste Lage auf Sicht war dramatisch: Ein illegales Autorennen sorgte für einen Zusammenprall zweier Autos mit einem vollbesetzten Bus und einer Fahrradfahrergruppe. Überall schrien verletze Darsteller, Betroffene irrten verwirrt über das Trümmerfeld, andere lagen bewusstlos im Graben oder unter einem Fahrzeug. Die Herausforderung für die Auszubildenden war es nun, Ruhe zu bewahren und mit der Vorsichtung zu beginnen. Bei dieser wird per festgelegtem Algorithmus jedem Patienten eine Farbe zugeordnet. Grün für alle Patienten, die gehen können, gelb für alle, die nicht mehr gehen können, aber nicht akut lebensbedrohlich verletzt sind und Rote Patienten. Rote Patienten sind besonders kritisch, beispielsweise Bewusstlose, welche so schnell wie möglich in ein Krankenhaus gebracht werden.
Mit Nachalarmierung durch den Ersten RTW wurde eine Großzahl von Schnell-Einsatz-Gruppen (SEG) in den Bereitstellungsraum an der Haindlfinger Straße geschickt. Hierunter die SEG Behandlung Freising, sowie Allershausen, drei SEG Transport von BRK und Johanniter (JUH), die SEG Information und Kommunikation, die SEG Technik und Sicherheit, der Hintergrund RTW Freising, die SEG Betreuung vom BRK Freising und die der Allershausener JUH. Als kleine Besonderheit und als Zeichen der Völkerverständigung war ebenfalls ein RTW des Weißen Kreuzes aus Meran in Norditalien an der Übung beteiligt.
Nachdem die Vorsichtung abgeschlossen war, traf die Einsatzleitung, die sogenannte Sanitätseinsatzleitung, kurz SanEL, bestehend aus dem Organisatorischen Leiter (OrgL) Frank Stürtzebecher und der Leitenden Notärztin (LNA) Dr. Birgit Wahl, am Unfallort ein. Die beiden organisierten, dass die schwerstverletzten, rot-gesichteten Patienten, unverzüglich auf Rettungswägen verteilt werden und in das Übungskrankenhaus nach Freising verlegt wurden. „Die Diskrepanz zwischen der begrenzt verfügbaren Transport- und Behandlungskapazität und den verletzten Personen ist die größte Herausforderung während eines solches Massenanfalls von Verletzten“ beschreibt Dr. Wahl ihre Aufgabe, „so muss das ärztliche Personal darüber entscheiden, welcher Patient als erstes in ein Krankenhaus transportiert wird, was in einer solch chaotischen Lage nicht immer einfach ist“. OrgL Frank fügt hinzu „bei diesem Szenario waren die Örtlichkeit und die engen Straßen eine große Herausforderung, hinzukommend, da der Bus queer stand, mussten die Patienten sehr weit von der Unfallstelle bis zur Übergabe an die Transportmittel getragen werden. Dies war eine Mammutaufgabe für unsere vielen Ehrenamtlichen, welche sie aber mit Bravour bestanden haben“.
Schnell erkannte die SanEL, dass nicht genügen RTWs zur Verfügung stehen, um alle 55 Patienten schnellstmöglich einem Krankenhaus zu zuführen. Damit die Patienten nicht in der Kälte draußen sein mussten, wurde von den beiden SEG Behandlungen zwei Behandlungszelte aufgebaut. In diesem Zelt behandelten die Ärzte und Sanitäter die Patienten, während die Polizei erste Befragungen durchführte, um herauszufinden, wie es zu dem Unfall kam. Beim Transport zur Patientenübergabestelle unterstütze das THW tatkräftig mit Muskelkraft. Um kurz nach 14 Uhr konnten dann die letzten unverletzten Personen durch die SEG Betreuung an die eingerichtete Notunterkunft an der Katastrophenschutzhalle in Marzling transportiert werden. Fachdienstleiter der Betreuung, Felix Pahl, hatte eine ganz besonders große Aufgabe für den Übungstag. So musste seine Einheit sich nicht nur um die Betreuung der Unverletzten an der Übungsstelle kümmern, sondern auch um die Verpflegung der über 250 Beteiligten mit leckerem Essen. Beim abschließenden Zusammensitzen aller Darsteller und Helferinnen schlossen die drei Organisatoren Florian Kugler, Michael Schröder-Seitz und Marco Sterlemann ein vorläufig positives Fazit: „Die gestellte Aufgabe war immens für unsere Ehrenamtlichen, aber der Einsatz wurde hoch professionell abgearbeitet und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Organisationen war einwandfrei“, so Schröder-Seitz. Kugler ergänzt, „Wir haben den ein oder anderen Punkt heute gesehen, der verbessert werden könnte und so können wir jetzt die Lehrgänge für nächstes Jahr daran anpassen – das ist unfassbar wertvoll für uns!"